Liebe Rheumis, liebe interessierte Leser*innen,
immer wieder wird mir die Frage gestellt, ob und wie man seine Ernährung umstellen sollte, wenn man selbst von (entzündlichem) Rheuma betroffen ist.
"Was genau soll ich essen, was unbedingt vermeiden?"
Leider gibt es keine allgemeingültige Antwort auf solche Fragen, denn rheumatische Erkrankungen sind mitunter so individuell wie wir Patient*innen.
Korrigiert mich an dieser Stelle sehr gerne, aber mir ist bisher keine Studie bekannt, die eindeutig belegt, dass sich eine ganz bestimmte Ernährungsform in jedem Fall positiv auf das Krankheitsgeschehen bei Rheumatikern auswirkt.
Es gibt jedoch spannende, klinische Studien zu einzelnen Bausteinen unserer Ernährung, die sich beispielsweise mit Fettsäuren, Antioxidantien und Lebensmitteln tierischen Ursprungs befassen. In diesen Publikationen wird deutlich, dass eine Veränderung der Essgewohnheiten bei Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung zur Linderung von Schmerzen beigetragen hat. Beschwerden wie Schwellungen oder Übererwärmung in den Gelenken konnten reduziert werden. [*1 Quellnachweis siehe unten]
Bitte beachtet: ich bin weder ausgebildete Ernährungsberaterin oder gar Ärztin. Auch in meinem Buch "111 Genießerrezepte bei Rheuma" sage ich das gleich zu Beginn in aller Deutlichkeit.
Die hier aufgelisteten Ratschläge basieren ausschließlich auf meiner eigenen Erfahrung und den Empfehlungen der Deutschen Rheuma-Liga sowie der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.).
Bei mir wurde erstmals im Alter von zwei Jahren eine juvenile ideopathische Gonarthris diagnostiziert, d.h. meine Arthritis unbekannten Ursprungs konzentrierte sich auf nur ein großes Gelenk: das linke Knie. Inzwischen bin ich 40 Jahre alt, habe rheumatoide (Poly-)Arthritis und sekundäre Arthrose in mehreren kleinen und 5 großen Gelenken (Schulter, Ellenbogen, Hüfte, Knie und Fußgelenk). Damit einher gehen chronische Schmerzen und Erschöpfungszustände (Fatigue).
Dass dieses "Päckchen" nicht nur die physische sondern auch die psychische Gesundheit belastet, muss ich wahrscheinlich nicht extra erwähnen, möchte es aber trotzdem ganz deutlich sagen, weil Körper und Geist immer noch viel zu oft getrennt voneinander behandelt werden.
Seit über 20 Jahren beschäftige ich mich deshalb mit meiner Ernährung und den möglichen Auswirkungen für meinen gesamten Körper. Anders als das sogenannte "Altersrheuma" (eine degenerative Gelenkerkrankung), ist die Arthritis ein chronisch entzündlicher Prozess, der mit aktiven Phasen einhergeht.
Mir hilft es tatsächlich, darauf zu achten, was ich esse, um diesen "Schüben" entgegenzuwirken oder sie zumindest in ihrer Intensität abzuschwächen.
Grund genug für mich, Betroffenen und Interessierten hier einen kleinen Leitfaden an die Hand zu geben, wie ich viele alltägliche Lebensmittel (ohne großen Verzicht auf Geschmack) ausgetauscht habe.
Dies kann auch für euch ein erster Schritt sein, um zu erkennen, was dem eigenen Körper gut tut und was nicht. Zu Beginn dieses Prozesses habe ich mir viele kleine Notizen gemacht, wenn ich Schmerzen, Magen-Darm-Probleme oder andere Beschwerden hatte. Was habe ich vorher gegessen? Besteht eventuell ein Zusammenhang? Solch ein Ernährungstagebuch hilft dabei, den eigenen Körper besser zu verstehen.
Ganz wichtig: wenn ihr eine umfassende Ernährungsumstellung in Betracht zieht, klärt das Vorgehen immer mit euren Ärzt*innen ab oder geht zur professionellen Ernährungsberatung. Ich zeige hier lediglich einige einfache Veränderungen im Koch- und Backalltag, die mir auf meinem Weg geholfen haben, die Entzündungsprozesse etwas einzudämmen.
Untersuchungen*² haben gezeigt: eine ballaststoffreiche Ernährung kann dazu beitragen, dass Entzündungen bei Patienten mit rheumatoider
Arthritis eingedämmt werden. Vollkornprodukte wirken sich offenbar positiv auf unsere Darmbakterien aus. Durch die Verstoffwechselung der Ballaststoffe entstehen kurzkettige Fettsäuren welche nachweislich Gelenkentzündungen entgegenwirken. Und auch die Knochen profitieren, da das Osteoporoserisiko sinkt.
Seit vielen Jahren esse ich deshalb überwiegend Vollkornbrot und -brötchen, anstelle von Weißbrot, Toast und Milchbrötchen.
- Weizenmehl ➡️ Dinkelmehl ➡️ Dinkelvollkornmehl ➡️ Weizenvollkornmehl
Ein erster Schritt: Weizenmehl Type 405 und 550 kann 1:1 durch Dinkelmehl Type 630 ersetzt werden. Beim Wechsel auf Dinkelvollkorn- oder Weizenvollkornmehl benötigen Teige unter Umständen zusätzliche Flüssigkeit. Bei Hefeteigen muss man teilweise längere Gehzeiten berücksichtigen.
Den Unterschied zwischen normalem Weizenmehl und Dinkelmehl schmecke ich inzwischen kaum noch. Je höher der Mahlgrad (Type-Bezeichnung) wird, desto nussiger und herzhafter schmecken die Teige mit diesen Mehlen.
Positiver Nebeneffekt: man ist länger satt, weil der Körper Vollkornprodukte wesentlich langsamer verstoffwechselt.
- Eiernudeln ➡️ Hartweizennudeln ➡️ Dinkelnudeln ➡️ Vollkornnudeln
Wenn ich Pasta kaufe, wähle ich seit vielen Jahren Nudeln aus Hartweizengrieß, denn hier kann man sich zusätzlich das Ei sparen. Auch eifreie Spätzle schmecken inzwischen sehr gut.
Wer einen Schritt weiter gehen möchte, isst Dinkelnudeln oder Vollkornnudeln (ohne Ei).
Auch hier gilt: je höher der Mahlgrad des Mehles, desto nussiger schmecken die Nudeln.
Pasta aus Erbsen, Linsen oder Kichererbsen eignen sich für Rheumatiker, die keine Probleme mit Hülsenfrüchten haben. Geschmacklich mag ich die Produkte sehr, oft gefällt mir jedoch die Konsistenz nicht. Probiert euch im Zweifel einfach durch.
- Weißer Reis ➡️ Naturreis/Vollkornreis ➡️ "Dinkelreis"
Auch beim Reis kann man auf die ballaststoffreiche Version wechseln und Naturreis bzw. Vollkornreis kaufen. Anders als der herkömmliche weiße Reis, ist dieser unbehandelt, also nicht gewaschen und poliert. Er enthält noch die nährstoffreichen Silberhäutchen und Samenschalen. Vor dem Kochen sollte Naturreis gründlich gewaschen werden.
Eine tolle (und zusätzlich klimafreundlichere) Alternative zu Reis, ist entspelzter, leicht geschliffener Dinkel (bekannt unter "Dinkel wie Reis"). Die Körner können vor dem Kochen eingeweicht werden, um die deutlich längere Garzeit zu reduzieren.
Weitere Alternativen, die bei mir für Abwechslung auf dem Teller sorgen:
Zartweizen (z.B. Ebly), Couscous, Bulgur, Linsen und Quinoa.
Rezepte mit Dinkel- und/oder Vollkornmehl:
Rezepte mit Alternativen zu Nudeln, Reis & Kartoffeln:
Quellenangaben
*1 - Quelle: /www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/rheumadiaet/
*2 - Quelle: https://www.nature.com/articles/s41467-017-02490-4
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